Nordtour – Mühlen, Täler und Forellen

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Schwarzwälder Nordtour

Auch erschienen im Reiseführer "SCHWARZWALD auf dem Motorrad entdecken - BASECAMP SPEZIALAUSGABE" Tour 1 aus 10 (S. 20 - 35).

Text: Werner Kirchhoff, Victoria Kuhn

Bilder: ADDI creare-imagos, Franz Kirchhoff


Hoch hinaus, aber auch wieder tief hinab geht es auf dieser Tour mehr oder weniger unentwegt. Mithin ist der kurvengierige Fahrer hier im Vergleich zum südlichen und zum mittleren Schwarzwald nicht minder gefordert. Dazu werden die atemberaubenden Ausblicke zum stetigen Begleiter auf dem von Tälern und Höhen charakterisierten Routenverlauf.

Es ist Samstagvormittag und wir machen uns auf den Weg. Eine Runde im nördlichsten Nordschwarzwald – unserer Heimat – will erkundet werden. Von Bad Wildbad fahren wir über Calmbach und halten uns zunächst immer leicht talabwärts entlang des Flussverlaufs der großen Enz. Aber schon gleich hinter Höfen biegen wir an der Eyachbrücke, mit der dahinter befindlichen großen Forellenzucht, links ab.

Albtal und Seitentäler

Schon bald erreichen wir nach einer kurzen, aber heftigen Bergauffahrt, Dobel. Wir durchfahren diesen mit dem Prädikat „heilklimatisch“ ausgezeichneten und immer noch recht beschaulichen, auf einem sich weit erstreckenden Hochplateau liegenden, Kurort. Der Dobel, wie wir ihn hier vor Ort gerne nennen, gehört übrigens bereits zum Albtal.

Road Book

Höfen – Dobel – Bad Herrenalb – Teufelsmühle – Zieflesberg – Frauenalb – Marxzell – Straubenhardt – Engelsbrand – Bad Teinach-Zavelstein – Holzbronn – Wildberg – Neuweiler – Würzbach – Bad Wildbad

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Mit Erreichen des nächsten, dann wieder tiefer liegenden und noch bekannteren Kurorts Bad Herrenalb sind wir dann auch schon mitten drin im Albtal. Hier beschließen wir einen kleinen Abstecher einzulegen und nehmen uns dafür das Gaistal vor.

So biegen wir in Bad Herrenalb links ab in Richtung Loffenau, um von dieser Strecke aus die bekannten, aber zumindest unseres Wissens nach von Motorradfahrern nur selten angesteuerten Täler namens Unteres und Oberes Gaistal sowie die zum Seitental des Albtals gehörende und auf dem Weg liegende Plotzsägemühle zu erreichen. Diese so anmutend und eigenwillig klingenden Namen halten, wie wir gleich erleben werden, allemal das was sie versprechen.

Teufelsmühle

Ein besonderes Schmankerl soll es aber zur Einstimmung noch davor geben. Kurzerhand entschließen wir uns, für einen weiteren Schlenker: Die über 900 Meter hoch gelegene und weit über den Nordschwarzwald hinaus als beliebtes Ausflugsziel bekannte Teufelsmühle soll es sein.

Der hier oben sich wahrlich stolz erhebende Aussichtsturm wurde 1910 aus dem für die Region typischen Buntsandstein erbaut und 1952 auf gut 16 Meter erhöht. Der Blick reicht über Loffenau ins Murgtal und Gaggenau bis in die rheinische Tiefebene. Als markanten Punkt lässt sich das Raststätter Mercedes Werk gut ausmachen. Je nach Wetterlage reicht die Sicht auch über Karlsruhe hinweg – und sogar bis zum Kernkraftwerk Philippsburg.

Markante Plotzsägemühle

Es geht wieder ein Stück zurück, bevor wir in Richtung hinteres Albtal einbiegen. Hier steht ein weiterer Stopp an der Plotzsägemühle an. Heute ist sie ein bekanntes Ausflugsziel mit Gasthaus, Pferden und Kinderspielplatz. Die Sägemühle selbst stammt aber aus dem 13. Jahrhundert.

Das von der Alb angetriebene Holzsägewerk wurde zum Ende des 16. Jahrhunderts neu aufgebaut, und ist bis heute in seiner Ursprünglichkeit zu besichtigen. Der Name leitet sich übrigens vom geräuschvollen Herunterfallen der Säge ab. Mundartlich wird dies als „plotzen lossa“ bezeichnet.

Hier fließt auch der Fluss Alb, der dem Tal seinen Namen gibt. Dessen Quelle befindet sich gar nicht weit entfernt, im Prinzip direkt unterhalb der Teufelsmühle. Entsprechend kommt die Alb hier eher als Bach daher.

Eine Freude der besonderen Art ist für alle Zweirad-Begeisterten aber selbstverständlich das Durchfahren des fließenden Gewässers. Das bietet Offroadfeeling pur, wie auf einem Tablett serviert und das Ganze unvermittelt und hautnah.

Nicht minder reizvoll bis aufregend setzt sich der Weg über die zum Oberen Gaistal gehörenden Weiler Aschenhütte und Zieflensberg fort. Wir bewegen uns auf bis zu 24 Prozent steilen und oft äußerst schmalen Sträßchen hinauf und hinunter. Motorradfans, die dem Abseitsfahren auch nur leicht zugeneigt sind, sollten diesen Abstecher daher gerne als besonderen Tipp verstehen. Zugegebenermaßen nötigt die eine oder andere Passage – zumindest die nicht so routinierten Fahrer – mitunter auch schon mal zu einem beherzteren Entschluss der Überwindung.

Danach sind wir auch schon wieder zu unserem nächsten Zielpunkt Bad Herrenalb unterwegs. Dort kommen wir bei anhaltender Fahrfreude über das Untere Gaistal an. Es ist fast wie im Märchen.

Ins Zeug gelegt

Die Realität holt uns jedoch schnell wieder ein, dafür aber gleich in voller Blüte: Bad Herrenalb richtet zur Zeit unseres Besuches gerade die Kleine Landesgartenschau aus – und hat sich dafür mächtig ins Zeug gelegt.

Am Rande des Kurparks parken wir innerhalb einer parallel verlaufendenLadenzeile – direkt vor einer kleinen Bäckerei – und kommen schnell mit den, anscheinend an unseren Motorrädern interessierten Passanten ins Gespräch. Schnell stellt sich dabei jedoch heraus: Das Interesse gilt diesmal mehr unserem forschen Parkauftritt und weniger unseren Motorrädern.

Verwundert darüber, dass wir trotz der fremden Kennzeichen den heimischen Dialekt beherrschen, lässt sich das vermeintliche Problem aber geschwind und einfach klären. Es sind eben nette Leute, die Albtäler und auf ihre Gartenschau sind sie sehr stolz. Eigens für sie hat der Kurpark eine komplette Neugestaltung erfahren und bildet mit dem historischen Klosterviertel und der bunten Schweizerwiese eine pittoreske Kulisse.

Mächtige Ruine

Weiter geht es mit dem nur zehn Kilometer entfernten Marxzell. Ohne einen Stopp auf halber Strecke geht es aber natürlich nicht, denn plötzlich hebt sich links aus dem Tal die mächtige Ruine des Klosters Frauenalb empor. Es handelt sich um einen magischen Platz, der sicher nicht von ungefähr zu einem Wahrzeichen des Albtals wurde.

Marxzell, das sich zurecht als Herz des Albtals bezeichnet, liegt es doch genau in der Achsmitte zwischen Bad Herrenalb und Ettlingen, hat für uns Motorradbegeisterte dafür aber ein ganz besonderen Leckerli zu bieten: ein Fahrzeugmuseum. Und noch dazu ein äußerst außergewöhnliches.

Damit gemeint ist der für ein Museum sicher ungewohnte äußere Auftritt: Dieser ähnelt optisch mehr einem Sammelort alter Fahrzeuge. Hinzu kommt noch eine ganze Liste weiterer Attribute. Es ist eben vieles anders hier. Neben den vielen Ausstellungsstücken in dem alten Gemäuer, das ursprünglich auch als eine Sägemühle betrieben wurde, verwandeln viele Details die Ausstellung in eine Mischung aus wertvoll und kitschig. Damit wird eine Stimmung geschaffen, die ihresgleichen sucht.

Getoppt wird diese Außergewöhnlichkeit aber zudem noch von der Hingabe, mit der die Gebrüder Reichert das Erbe ihres schon Anfang der 1960er verstorben Vaters betreiben. Man sollte es erlebt haben. Bitte nicht den abschließenden Film auf 16 Millimetern auslassen, ohne den wohl die Mutter der beiden schon damals niemanden aus dem Museum ließ.

Zu wenig Zeit

Nachdem wir dann heute schon zum zweiten Mal auftauchen wie aus einer anderen Welt, machen wir uns auf den ebenfalls wieder kurzen Weg zum nächsten Zwischenziel durchs Holzbachtal auf die Schwanner Warte. Sehr gerne würden wir noch bis nach Ettlingen vorfahren – und dabei auch noch das eine und andere Seitental mitnehmen. Aber wir möchten auch die Nordrunde von Bad Wildbad aus zu Ende fahren. Ein Tag setzt eben seine zeitlichen Grenzen.

Insgesamt recht unspektakulär zeigt sich die Durchfahrt des Holzbachtals. Davon ausgenommen ist aber die Tatsache, dass wir es wieder mit einem bestechend kleinen Sträßchen zu tun haben. Wohlwollend nehmen wir zur Kenntnis, dass uns auf diesem Abschnitt kein anderes Fahrzeug entgegenkommt; Traktoren einmal ausgenommen.

Die Schwanner Warte liegt auf knapp 500 Höhenmetern und wird gerne auch als abkürzende Strecke auf die Autobahn nach Karlsruhe genutzt. Sie liegt am, bei Wanderern beliebten großen Westweg, der von Pforzheim nach Basel führt. Einmalig ist der erhabene Rundumblick vom, übrigens direkt am Westweg stehenden, Aussichtsturm.

Blick auf die Enz

Südlich der Goldstadt Pforzheim geht es weiter westwärts durch die Stadt Neuenbürg und danach gleich auf die B294 hinein ins Grösseltal, das zu Neuenbürg gehört. Der Name leitet sich von dem in die Enz fließenden Grösselbach ab, den wir unterwegs auch kreuzen. Beim Blick auf die Enz hat man als Einheimischer eigentlich immer gleich die Geschichte der Flößer vor Augen. Denen diente die Enz noch bis vor 100 Jahren als der Verkehrsweg schlechthin. Zu diesem Zwecke bauten sie ihr Holz zu Flößen zusammen und transportierten ihr Gut unter abenteuerlichen Umständen von A nach B. Erst mit Erfindung der Eisenbahn und den nach und nach an das Schienennetz angeschlossenen Ortschaften, verlor dieses bis heute beeindruckende Gewerk zunehmend an Bedeutung. Im Jahre 1911 schließlich fuhr das letzte Floß die Enz hinunter. Das Heimat- und Flößereimuseum in Bad Wildbad/Calmbach erinnert heute noch mit einer sehenswerten Ausstellung daran.

Dominierendes Gasthaus

Wir bekommen allmählich Hunger. Eine Einkehr im gleichnamigen und das Grösseltal sozusagen allein dominierenden Gasthaus, ist eine gute Empfehlung. Dies beweist nicht zuletzt der Andrang auf die dortige Warteliste. Auf herrlichen Straßen führt uns der Weg nachfolgend über Engelsbrand an ein wieder mal sehr bekanntes und lohnenswertes Ausflugsziel, die Kapfenhardter Mühle.

Dafür muss allerdings eine recht steile Hanglage überwunden werden: Es geht über eine stählerne Brücke mal hinauf und dann wieder hinunter. Es ist geschafft. Ein bisschen verwunden ist das Ganze zwar, trifft jedoch ganz den Geschmack der Enduro-Fahrer. Im gleichen Rhythmus geht es geschmeidig ländlich auf der L346 weiter. Währenddessen lassen wir im Westen Schömberg und östlich Bad Liebenzell liegen und passieren einige für uns sehr markant klingenden Ortschaften wie Schwarzenberg, Oberlengenhardt, Igelsloch und Siehdichfür. Diese Namen erinnern uns eher an Kneipenbesuche aus der Jugend als an Wegstrecken.

Über Bad Teinach-Zavelstein steuern wir nun unser vorerst letztes Zwischenziel, das Krabba Nescht in Holzbronn, an. Der Weg nach Bad Teinach, das mit seinen vielen kleinen mittlerweile eingemeindeten Ortschaften zwischen 400 und 650 Höhenmetern liegt, ist abermals herausfordernd, denn die Strecke hat es durchaus in sich.

Nun angekommen in Holzbronn, einem Stadtteil der Großen Kreisstadt Calw, befinden wir uns bereits am äußeren Ende des Schwarzwaldes auf einer Hochebene, die zum Schlehengäu zählt. Das Krabba Nescht, ein Lokal mit der besonderen Note und origineller Atmosphäre, ist bei den regionalen Motorradfahrern stets mit auf dem Tagesausflugs-Zettel.

Lockendes Heidelbeerfest

Querfeldein geht es weiter über die Erhebung zwischen Enz- und Nagoldtal auf der so genannten Enz-Nagold-Platte. Vorbei und durch Neubulach, Neuweiler und Simmersfeld, hinunter bis nach Enzklösterle, in dem es ursprünglich ungewollt, aber wegen des gerade stattfindenden Heidelbeerfestes, zu einem letzten Stopp kommt.

Unsere Motorräder werden zurecht bestaunt und selbst vom regionalen Fernsehsender wohlwollend wahrgenommen. Das haben sie aber auch wirklich verdient bei der guten Bergleistung, die sie heute wieder mal gezeigt haben. Wir lassen es ausrollen und kommen erstaunt darüber, was wir in unserer Heimat nach so vielen Jahren „neu“ entdecken konnten, äußerst zufrieden in Bad Wildbad an.

Um die Tour gebührend abzurunden, knobeln wir zum Abendessen aus, für welchen der zwei direkt vor der Haustür liegenden Forellenzüchter wir uns heute entscheiden sollen: Klaiber in Enzklösterle oder die in Calmbach. Unsere Wahl fällt dieses Mal auf den Würzbachtaler Forellengrill. Übrigens wären aber beide eine gute Wahl gewesen.