Alpentour 2017

Text: Peter Zander
Fotos: ADDI creare-imagos, Werner Kirchhoff, Franz Kirchhoff

Erschienen auch bei Motorrad & Reisen im Heft 87.

Scouting auf höchstem Niveau

„Wir wollen 2018 eine Alpentour in unserem Programm anbieten. Eine mit tollen Strecken, anspruchsvollen Pässen, guten Motorradhotels, faszinierenden Bergpanoramen und vor allem eine, von der die Teilnehmer noch lange danach schwärmen werden“, so Werner Kirchhoff, überzeugter Motorradfahrer, Betreiber des Altstadt Hotels zur Post in Stralsund und des Aparthotels Schwarzwald
Panorama in Bad Wildbad.

Neben Peter aus Köln als journalistische Begleitung ist ein Transporter mit mobiler Werkstatt und einer Honda Africa Twin als Ersatzfahrzeug im Einsatz. Insiderwissen und Streckenkenntnis bringt der Tourguide Josef Hackl, den Werner vor Monaten bei einer Motorradmesse kennengelernt hat und der von allen nur Fuzzy genannt wird, mit. Zwei weitere Biker, Beat aus Bern und Peter aus München, haben von dem Plan gehört, waren gleich begeistert und sind ebenfalls dabei.

Tag 1 - Treffpunkt und Tourstart

Bad Wildbad als Ausgangspunkt bietet sich diesmal für einige nicht an und so wird das Restaurant Strandperle in Seefeld/Tirol als gemeinsamer Treffpunkt vereinbart. Aus verschiedenen Richtungen kommend, Werner, Beat und Franz sind schon gestern im Schwarzwald gestartet und haben in Stötten am Auerberg übernachtet, die anderen waren auf verschiedenen Touren bereits in Österreich, sind gegen Mittag alle da. Die meisten kennen sich, der Rest macht sich schnell bekannt. Die Uhrzeit
bietet sich für einen kleinen Imbiss an, währenddem Fuzzy einen kurzen Überblick über die heute geplanteStrecke gibt.
Schnell macht sich dann mit Vorfreude gepaarte Unruhe breit, alle wollen los. Auf dem Parkplatz stehen wie gewohnt in der Mehrzahl BMW 800 und 1200 GS/Adventure, da sind Franz’ KTM 1050 Adventure und Fuzzys BMW S 1000 XR, die ihm BMW München zur Verfügung gestellt hat, endlich einmal etwas anderes.

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Road Book

Bad Wildbad - Ehningen – Waldenbuch – Nürtingen – Erkenbrechtsweiler – Bad Urach – Münsingen – Obermachtral – Schemmerhofen – Erlenmoos – Aitrach – Haldenwang – Marktoberdorf – Stötten am Auerberg – Lechbruck am See – Wildsteig – Bad Bayersoien – Unterammergau – Ammerwald – Am Plansee – Heiterwang – Lermoos – Garmisch-Partenkirchen – Mittenwald – Seefeld in Tirol – Achensee – St. Johann in Tirol – Zell am See – Kaprun – Mittersill – Felbertauerntunnel – Lienz – Welsberg – St. Lorenzen – St. Martin in Thurn – Arabba – Canazei – Malga Ciapela – Codalonga – Cortina d Ámpezzo – Fiames – Schluderbach – Dreiheiden – Pian Falzarego – Cernadoi – Arabba – St- Lorenzen – Brixen – Bozen – Trient – Turbel – Lagolo – Vaneze – Maso Milano – Ronzone – Karneid – Karersee – Sankt Ulrich – Canzei – Pardatsch – St. Michael an der Etsch – Turbel – Sarche – Tione die Trento – Dimaro – Ponte di Legno – Bormio – Spondinig – Glums – Pfunds – Kaunerberg – Löckpuit – Mötz – Habichegg – Warth – Dornbirn – Bregenz – Oberteuringen – Deggenhausertal – Owingen – Stockach – Spaichingen – Niedereschach – Freudenstadt – Bad Wildbad

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Der Weg führt Richtung Norden durch das Leutaschtal zunächst wieder nach Deutschland. Die Gruppe passiert Mittenwald im oberen Isartal, danach verläuft die Straße vorbei am Naturpark Karwendel weiter nach Krün und von dort nach Wallgau. Hier beginnt eine mautpflichtige Privatstraße (4,-- Euro), die über gut 10 km entlang der Isar nach Vorderriss führt. Dahinter geht es wieder über die Grenze nach Österreich, vorbei am Achenpass und am Achensee, wo Kitesurfer ihr Können zeigen, und an Maurach. Kurz danach fährt Fuzzy für eine Kaffeepause einen Parkplatz an der Kanzelkehre an. Das dortige Restaurant bietet für Landschaftsliebhaber einen tollen Blick in das Inntal und für Actionfans einen Tribünenplatz an der Kehre, in der „Möchtegernrennfahrer“ pausenlos und mehrfach spektakulär durch die Kurve fahren.

Die Sensationslust weicht der Lust am Weiterfahren und über Münster im Inntal steht Wörgl auf dem Tourplan, von wo aus in südöstlicher Richtung Kitzbühel das nächste Ziel ist. Nach einem kleinen nördlichen Schlenker über St. Johann/Tirol nähert sich dann hinter Fieberbrunn, Saalfelden und Zell am See das Tagesziel Kaprun.

Private Sammlung mit über 200 wertvollen Exponaten der 50er- bis 70er-Jahre
Dort sind Zimmer in Vötter’s Sportkristall Hotel gebucht. Aufmerksamkeit erregen schon im Eingangsbereich das Heck eines quer durchgesägten VW Käfers und eine BMW Isetta. Zeit für ein Stiefelbier muss sein, dann geht es schon in die Tiefgarage, in der der Seniorchef Helmut Vötter auf 1.400 qm seine private Sammlung verschiedenster Autos, Motorräder, Traktoren und anderer Raritäten
zeigt. Rund 200 sehenswerte und wertvolle Exponate der 50er- bis 70er-Jahre hat er hier in über 40
Jahren zusammengetragen.
Nach einem guten Abendessen ist Treffpunkt an der Bar, wo sich relativ schnell die ersten Ermüdungserscheinungen zeigen und sich bald alle in ihre Zimmer begeben.

Tag 2 - Die Dolomiten rufen

Schon während des Frühstücks kommt die Info, dass der Seniorchef die Scouting-Truppe stilecht und mit einer Ehrenformation aus Mitarbeitern und Gästen verabschieden will. Was mag er vorhaben?

Ehrenformation und „Olympisches Feuer”
Als alle startbereit sind, müssen sie mit ihren Motorrädern vom Parkplatz auf die Straße fahren und sich dort in breiter Reihe aufstellen. Die Ehrenformation steht ebenfalls bereit, selbst auf den Balkonen des Hotels sind neugierige Gäste zu sehen. Helmut hält eine launige Rede auf uns und auf Motorradfahrer im Allgemeinen. Von beiden Seiten der Straße kommende Fahrzeuge scheinen das Spektakel zu kennen und drehen entweder um oder bleiben als Zuschauer stehen. Dann wird in einer großen Metallschale im Vorgarten des Hotels das „Olympische Feuer“ angezündet. Die Maschinen werden angelassen und nacheinander müssen alle kurz Gas geben und ihre Dezibel vorführen. Die Show lässt den leichten Regen vergessen und die Truppe mit guter Laune starten.
Es wird nach Westen in Richtung Mittersill gefahren und dann südlich zum Felbertauerntunnel abgebogen, der für 10,-- Euro durchfahren werden darf. Ein Fotostopp in Lienz steht auf dem Fahrplan, der allerdings im Regen keinen Sinn macht. So wird die Altstadt nur kurz im Eiltempo zu Fuß erkundet, bevor es weitergeht zur Pustertaler Höhenstraße. Normalerweise bietet diese nach Südtirol führende Panoramastraße tolle Ausblicke auf die Lienzer und Sextner Dolomiten und passiert schönste Dörfer. Leider ist das heute nicht zu genießen, umso mehr freuen sich alle über die von Fuzzy im Hotel Pfleger in Anras reservierte Mittagsstation.
Der Chef persönlich zeigt den auch dringend benötigten Trockenraum mit gefühlten 35 Grad, der bei den nassen Sachen in den nächsten 90 Minuten deutlich Wirkung zeigen wird.

Erhebung in den Rang der „Haberer”
Gesättigt und wieder besserer Laune – zum einen haben das leckere Essen und die fast wieder trockene und gewärmte Kleidung dazu beigetragen, zum anderen war es Fuzzy zu verdanken. Er hat die Mitstreiter in den Rang von „Haberern“ erhoben. Diese österreichische Umschreibung von Kumpel sorgt nicht nur kurzfristig, sondern auch in den nächsten Tagen für viel Gelächter. Kurz nach Ende der Pustertaler Höhenstraße wird die italienische Grenze überfahren und Kurs auf Toblach genommen. Vorbei am Kronplatz geht es dann in südlicher Richtung weiter nach Corvara und von dort über den Campolongo (1.875 m) nach Arabba, dem Ziel der 2. Tagesetappe, wo das Hotel Olympia für die kommenden zwei Nächten gebucht ist.

Tag 3 - Große Dolomitenstraße

Das Gepäck kann im Hotel bleiben und so ist am Morgen keine Eile. Es regnet leicht und der Start verschiebt sich um 15 Minuten. Über Ruaz und Andraz geht es auf der SS 48 durch einen Tunnel, zwei Galerien und 16 Kehren zum Passo di Falzarego auf 2.105 m. Im Umfeld erinnern mehrere Gedenkstätten an schwere Gefechte im Ersten Weltkrieg zwischen der italienischen und österreichisch-ungarischen Armee. Der Weg hinunter führt nach Cortina d’Ampezzo, 1956 Austragungsort der Olympischen Winterspiele, von wo aus die Strecke in nördlicher Richtung über Fiames rund um den Monte Cristallo zum Lago di Misurina führt. Dieser auf 1.755 m gelegene See mit max. 5 m Wassertiefe ist ein beliebter Halte- und Aussichtspunkt, der auch von der Gruppe für einen Kaffee genutzt wird.
Danach geht es weiter über den Passo Tre Croci wieder in Richtung Cortina und von dort südwestlich zum Passo Giau auf über 2.200 m. Im gleichnamigen Berghotel mit einigen schönen Exponaten, wie einer alten Schreibmaschine und einer Berkel Aufschnittmaschine aus den 20er-Jahren des vorigen Jahrhunderts, aber auch einer Honda CB 500 Four, wird Mittagspause gemacht.

Tiere und Fabelwesen aus Eisen
Von der SP 638 über die SR 203 und die SP 563 oberhalb von Caprile führt der Weg danach über die SP 641 nach Sottoguda palue. Die Straße im Ort, der für seine Schmiedekunst bekannt ist, ist gesäumt von Tieren und Fabelwesen aus Eisen, die beim Halt Gelegenheit zu tollen Fotos geben. Kurz nach dem Dorf hält Fuzzy am Ende einer Brücke an. Schon wieder ein Halt, was ist los? Erst als alle abgestiegen und auf die Brücke zurückgegangen sind, sehen sie, woran sie ortsunkundig fast vorbeigefahren wären. Die Sottogudaschlucht, bis vor einigen Jahren noch befahrbar, bietet einen faszinierenden Blick in die Tiefe.

Wasserpfützen wecken das Kind im Biker
Die Alpenscouter haben bei passenden Gelegenheiten immer wieder Fotos gemacht. Nach Landschafts- und Fahraufnahmen bietet sich für Actionbilder ein an der Straße gelegenes „Offroad-Gelände“ an, in dem sich nach dem letzten Regen große Wasserpfützen befinden. Nichts wie rein! Anfangs noch vorsichtig Bodenbeschaffenheit und Wassertiefe gecheckt und damit auch schon das Kind im Biker geweckt. Die Faszination von Pfützen hat sich über Jahrzehnte gehalten.
Nördlich der Marmolada (über 3.300 m) drehen sich dann die Räder über den Fedaiapass in 2.057 m Höhe am Fedaiastausee vorbei nach Canazei, bei Skifahrern als Teil der Sella Ronda bekannt.
Von dort geht es über die SS 48 im Wechsel der Himmelsrichtungen Nord/Süd/Nord/Ost zum letzten Highlight des Tages, dem Passo Pordoi. Fast 30 Kehren führen zu dem mit 2.239 m zweithöchsten asphaltierten Straßenpass Italiens, der Canazei im Val di Fassa mit Arraba im Herzen der Dolomiten verbindet.
Der Tag neigt sich dem Ende zu, die Teilnehmer spüren, dass sie ihr Tagessoll mehr als erfüllt haben. Zwar waren es heute nur 167 km, bei denen es aber je 5.500 m hinauf- und wieder hinunterging.
Im Hotel ist nicht viel abzuladen, die gesparte Zeit reicht dann heute für zwei Stiefelbiere.

Tag 4 - Früher Winter & Später Sommer

Die Wettervorhersage hat gestimmt, das Thermometer zeigt nur 4 Grad und es regnet. Die eigentlich verbindliche tägliche Ansage „7/8/9“ (7 Uhr Aufstehen, 8 Uhr Frühstück, 9 Uhr Abfahrt) wird kurzfristig für unverbindlich erklärt und die Abfahrt auf 10 Uhr verschoben. Obwohl es immer noch regnet, startet die Truppe in Richtung Pordoi. Von Arabba auf 1.600 m sind bei der Auffahrt schnell über 1.700 m Höhe erreicht, dabei zeigt das Thermometer nur noch 2 Grad und der Regen wird zum Schnee, der allerdings noch nicht auf der Straße liegen bleibt. Fuzzy hält kurz an und fragt, ob seine Haberer weiterfahren wollen. Optimismus ist angesagt und es geht weiter hinauf. Allerdings nicht allzu weit, denn bei etwas über 1.800 m hat der Schnee die Oberhand auf der Straße gewonnen und die Thermometer zeigen nur noch null Grad an. Wieder bleibt Fuzzy stehen und alle müssen einsehen, dass der Pordoi nicht zu schaffen sein wird und sie zurück ins Hotel müssen. Zurück heißt umdrehen, nur gibt es leider keinen Ausweichplatz und die Wendemanöver müssen auf der Straße stattfinden. Der folgende Eiertanz lässt die Temperaturen vergessen, zentimeterweise wird vor- und zurückrangiert, die Stiefel haben fast keinen Halt. Dann haben es alle geschafft und stehen in Fahrtrichtung bergab. Jetzt nur noch vorsichtig und langsam rollen lassen, bis nach wenigen hundert Metern die Straße wieder frei ist. Die Nerven liegen blank, trotzdem werden beim Fotostopp am Ortseingang von Arabba die Daumen hochgehalten.

Umweg in Richtung Passo Campolongo
Der Wetterbericht zeigt rundum weitere Niederschläge, in den Höhenlagen als Schnee. Das heißt Zwangspause im Hotel für die Gruppe, wo zunächst ein Berg von nasser Bekleidung im Trockenraum verschwindet. Vor 14 Uhr soll es nicht besser werden. Nach dem Mittagessen ist immer noch nicht wirkliche Besserung angesagt und so wird die Abfahrt noch einmal um eine Stunde verschoben. Die
freundliche Rezeptionistin vom Hotel hat rumtelefoniert und nach den Wetterbedingungen gefragt. Der Pordoi wird danach endgültig gecancelt und die Route als Umweg in Richtung Passo Campolongo, der nur auf 1.875 m führt, verlegt. Bei der Auffahrt ist Vorsicht angesagt, ausgefahrene Spuren im Schnee lassen aber ein Weiterfahren zu. Auf der Passhöhe sind einige andere Motorradfahrer, die hier das Wetter abgewartet haben und dem Personal eines Lokals beim Schneeräumen zusehen. Etwas genervt vom bisherigen Tagesverlauf mit Umkehren und Warten, außerdem ist es immer noch kalt, peilen die Teilnehmer auf der SS 44 Richtung Norden Corvara an. Dort gibt es eventuell die Möglichkeit, über den Passo Gardena in Richtung Wolkenstein abzukürzen. An der Abbiegung fragt Fuzzy vom Pass kommende Autofahrer nach den dortigen Straßenverhältnissen und entscheidet sich für einen weiteren Umweg Richtung Norden durch das Gadertal nach St. Lorenzen. Von dort zeigt der Kompass auf der SS 49 nach Westen und später nach Süden bis Brixen. Ab da führt die SS 12 südlich über Blumau bis kurz vor Bozen.
Wegen des langen Wartens beim Start und des großen Umwegs ist es spät geworden, sodass sich alle darauf einigen, für den Rest des Weges die Autobahn zu nehmen. An der Abfahrt Rovereto-Süd ist das Tagesziel, der Gardasee, ausgeschildert. Dort ist das Hotel Paradiso die Station für die nächsten beiden Nächte. Von den Bergen kommend hat man schon weit vorher immer wieder einen schönen Blick auf den Gardasee, dann geht es von einem Kreisverkehr in Torbole kurz am See entlang bis zum Hotel Paradiso. Die Motorräder können gleich neben dem Haus, das schon etwas in die Jahre gekommen ist, geparkt werden. Für die ebenfalls in Stil und Einrichtung längst überholten Zimmer entschädigt der direkte Blick vom Frühstücksraum und der dahinterliegenden Terrasse auf den See. Alle sind unbeschadet angekommen und genießen nach Regen und Schnee ihr Stiefelbier im Freien. Fast schon mediterran und noch sommerlich wirkt die Umgebung mit Wasser und Palmen und schnell ist ein Restaurant gefunden, wo bei Pizza, Pasta und Wein zu sehr zivilen Preisen die Erinnerung an den Winter schnell verblasst.

Tag 5 - Südtirol/Dolomiten

Was für eine Kulisse am Morgen: der See, auf dem schon um 7 Uhr die Surfer den kräftigen Wind nutzen und dahinter die Berge. Sogar die Sonne lässt sich sehen.
Nichts wie los! Schon gleich nach der Auffahrt Richtung Nago fährt Fuzzy auf einen kleinen Parkplatz, von dem man hoch über dem Gardasee eine grandiose Fotokulisse hat. Weiter geht es über eine Höhenstraße nach Arco, von da über den Monte Bondone und im dortigen Skigebiet wieder hinunter nach Trento und weiter nach Fondo, wo die Gruppe auf die Straße, die vom Tonalepass (Passo del Tonale) kommt, in Richtung Mendelpass (1.363 m) abbiegt. Auf der anderen Seite des Passes läuft die Route über Kaltern und Eppan nach Bozen. Zügig kann die Stadt durchfahren werden, nach der Einbiegung in die nicht mehr befahrbare Eggentaler Schlucht führt der Weg durch einen Tunnel nach Deutschnofen. Am schönen Karersee (Lago di Carezza) vorbei wird der Karerpass (Passo di Costalunga, 1.745 m) überfahren, bevor das vorbestellte Mittagessen serviert wird.
Heute muss Strecke gemacht werden und nach einer kurzen Mittagspause fahren die Haberer über den Nigerpass (Passo di Nigra, 1.690 m) unterhalb des Rosengartenmassivs nach Völs. Hier bieten sich ein schöner Blick und Gelegenheit für Fotos auf den Schlern (2.563 m), das Wahrzeichen Südtirols, und auf die Seiser Alm, die größte Hochalm Europas.

Beat plagt das schlechte Gewissen
Hinter Kastelruth wird auf besonderen Wunsch von Beat der Gardena Grödner Hof, ein 5-Sterne-Spa und Gourmet Hotel in St. Ulrich in Gröden, angefahren. Ihn plagt das schlechte Gewissen, da er dieses Jahr mehr auf dem Motorrad unterwegs als zu Hause war. Nun ist er zum Ausgleich auf der Suche nach einem Verwöhnrefugium für seine Frau, wo er in einigen gemeinsamen Urlaubstagen Abbitte leisten kann. Ein Hausprospekt ist schnell geholt, aber nun wollen alle in dieser noblen Atmosphäre einen Cappuccino genießen. In der Hotelhalle knistert ein Feuer im Kamin, ein großer Tisch in der Mitte bietet allen Platz. Die wenigen Hotelgäste wirken zunächst etwas irritiert, scheinen aber dann doch das
Gefühl von Freiheit und Abenteuer zu spüren.
Genug der edlen Umgebung, das Abenteuer ruft und so geht es weiter nach St. Christina und Wolkenstein in Richtung Grödner Joch (Passo Gardena, 2.121 m). Kurze Zeit später biegt Fuzzy rechts ab zum Sellajoch (Passo Sella, 2.218 m), das mit 32 Kehren, mittlerer Schwierigkeit und mäßigen Steigungen gut befahrbar ist. Oben bietet sich wie schon mehrfach auf dieser Tour bei guter Sicht ein traumhafter Ausblick.
An dieser Stelle sei bemerkt, dass der Termin der Tour, nach der Hauptreisezeit im August, Anfang bis Mitte September, verkehrstechnisch perfekt ist, da kaum noch Busse oder Wohnmobile unterwegs sind. So kann fast immer relativ zügig und ohne nervige Hindernisse gefahren werden.
Der Weg war heute anders als geplant: Aufgrund der gestrigen Wetterverhältnisse fiel der Besuch im Hotel mit gebuchtem Mittagessen aus und musste unbedingt heute nachgeholt werden. Das hat Zeit gekostet und so führt Fuzzy seine Gruppe nun auf schnellstem Weg über Canazei, Vigo di Fassa und Cavalese für das letzte Stück auf die Autobahn bis Rovereto-Süd und von dort wieder ins Hotel Paradiso.

Tag 6 - Nationalparks und Pässe

Nach den ersten Fahrtagen ist die Erwartungshaltung groß und so fällt der Abschied vom Gardasee nach einem Frühstück auf der Terrasse leicht. Die Strecke führt hinauf in die Berge über Arco und Thione nach Madonna di Campiglio und von dort weiter über den Tonalepass (1.884 m), wo die Sichtweite bei dichtem Nebel nur noch gering ist.

Erhöhter Schwierigkeitsgrad: sehr enge Passagen und Kurven
Gut, dass jetzt alle warmgefahren sind. Es geht mit höherem Schwierigkeitsgrad durch teilweise sehr enge Passagen und Kurven hinauf zum Gaviapass (Passo di Gavia, 2.652 m). Dort oben weht zur Mittagszeit ein kalter Wind und es riecht schon wieder nach Schnee, so werden schnell einige Fotos gemacht und ein Sticker findet, wie schon an anderen Stellen zuvor, einen Platz auf der Passtafel. Dann geht es aber schon hinein in die warme Stube des Rifugio Bonetta, wo mächtige Spaghettiportionen
serviert werden. Bei manchen spannen die Motorradjacken danach etwas, Adapter wären jetzt nicht schlecht. Einige würden lieber noch etwas im Warmen bleiben, draußen zeigt das Thermometer 4 Grad.

Der höchste Gebirgspass Italiens: das Stilfser Joch
Über Bormio ist das Stilfser Joch (Passo di Stelvio), mit 2.757 m der höchste Gebirgspass Italiens, das nächste Ziel. Fahrerisch sehr anspruchsvoll geht es hier durch unzählige Kehren, volle Konzentration ist gefordert. Oben angekommen, teilen sich bei Temperaturen knapp über dem Gefrierpunkt die Meinungen, ob man auf einen Kaffee einkehren oder lieber wieder hinunterfahren soll. Nach dem letzten Schneechaos am Pordoi stimmt die Mehrheit gegen eine Kaffeepause und will in niedrigere Gefilde. Über Prad, Schluderns, Glurus und Mals geht es zügig hinunter, dabei steigt das Thermometer in ähnlichem Tempo wie der Höhenmesser abfällt und bald sind es schon wieder „wohlige“ 10 Grad. Allerdings erinnern sich einige an deutlich schönere Tage im Vinschgau.

Aus dem Wasser ragender Kirchturm
So genial der Tag streckenmäßig war, das Wetter hat Kraft gekostet und so wird nur schnell die Kaffeepause nachgeholt und weitergefahren. Die Strecke führt am Reschensee mit dem berühmten aus dem Wasser ragenden Kirchturm vorbei über den Reschenpass (1.504 m) nach Tirol in Österreich. Schon vorher hat es angefangen zu regnen und urplötzlich schlägt das Wetter um und zeigt sich noch einmal von seiner unsympathischen Seite. Sturmböen lassen die Motorräder zu Spielbällen werden,
trotz deutlich verlangsamtem Tempo im Starkregen ist jeder Meter ein Kampf gegen die Naturgewalt. Einige Kilometer nach Nauders flaut der Wind ab, es regnet nur noch heftig. Endlich ist Pfunds erreicht. Die Gruppe fährt auf den Hof vom Posthotel, wo reger Betrieb herrscht, da auch andere geplant oder kurzfristig hier übernachten wollen. Noch schnell abladen, dann nichts wie rein ins Hotel und in die Bar. Tee? Echte Haberer entscheiden sich für Stiefelbier, freuen sich dann aber doch auf eine heiße Dusche.
Nach einer geruhsamen Nacht im hervorragenden Posthotel scheint am nächsten Tag die Sonne.

Tag 7 - Von Tirol nach Voralberg

Eine Schnellstraße führt durch das Finstertal nach Prutz, dort wird abgebogen in Richtung Kaunertal, kurz danach geht es auf einer kleinen Straße über den Kaunerberg zum Naturparkhaus Kaunergrat und zur Aussichtsplattform „Gacher Blick“ mit einer wundervollen Aussicht in das 700 m tiefer gelegene Inntal und auf die gegenüberliegende Bergwelt.

Pfundsbüro Hotel
Dort merkt Werner, dass er im Posthotel eine Mappe mit Unterlagen und Schlüsseln vergessen hat. Ein kurzer Anruf beruhigt ihn aber, die Mappe ist gefunden worden, damit wird der Ortsname Programm: „Pfundsbüro“.
Durch das Pitztal und über die Piller Höhe (1.558 m) geht es nach Wenns und danach über eine kleine Straße nach Roppen, bevor sich hinter Ochsengarten am Haiminger Sattel eine ideale Bergkulisse für Fotos anbietet. Die Sonne arbeitet schon den ganzen Tag als Tourbegleiter und so fliegen die Kilometer nur so dahin. Die Tour führt weiter über Obsteig und den Holzleitensattel, von da durch ein Lärchenwaldgebiet nach Nassereith und Imst zum Hahntennjoch (1.894 m), das bei Bikern wegen der Sperrung für Großfahrzeuge und Wohnanhänger sehr beliebt ist. Im „Gasthof zur Gemütlichkeit“ ist die Terrasse geöffnet und das ausgezeichnete Mittagessen wird bei fast sommerlichen Temperaturen draußen serviert.
In der Sonne sitzen bleiben oder weiterfahren? Welche Frage. Das Wetter muss ausgenutzt werden und so wird in Richtung Westen Strecke gemacht bis Warth. Dort hält Fuzzy am Hotel „Warther Hof“, einem 4-Sterne-Wellness-Hotel, zur Einkehr auf einen Kaffee. Der Inhaber selbst ist da, man kennt sich und freut sich über den Besuch.
Die letzte Etappe wird eingeläutet, über den Hochtannbergpass (1.679 m) rollen die Motorräder nach Schröcken und weiter auf der Bregenzerwaldstraße über Bödele und Dornbirn nach Bregenz, wo für die Nacht Zimmer im Messmer Hotel am Kornmarkt reserviert sind und die Motorräder sicher in der Tiefgarage geparkt werden. Es ist noch relativ früh und so bleibt nach einem Stiefelbier und einer Dusche noch Zeit für einen kleinen Abendspaziergang durch die Altstadt und zum Bodensee.
Nach „Alpen pur“ in Österreich und Italien ist das Abendessen in der „Viva Cantina Mexicana Bar“ an der Seestraße ein krasser Szenenwechsel. Wer sich an regem Betrieb und der damit verbundenen Geräuschkulisse nicht stört, ist hier bei leckerem Essen gut aufgehoben.

Tag 8 -  Auf dem Heimweg

Auf dem Platz vor dem Hotel werden am Morgen noch die letzten Gruppenfotos geschossen, dann verabschieden sich Peter aus München und Beat, sie müssen aus terminlichen Gründen nach Hause.
Nur noch vier Haberer fahren nun die letzte Etappe über Lindau, Salem, Stockach und Trossingen zunächst bis Niedereschach. Dort tauscht Peter um die Mittagszeit das Motorrad. Er ist die Tour mit einer R 1200 GS von Touratech gefahren und steigt hier wieder auf die eigene Maschine um. Werner kauft noch ein Topcase für seine Africa Twin, dann geht es nach Rottweil zu einem Fotostopp und einem kleinen Imbiss in einer Bäckerei. Nur noch etwa 100 Kilometer sind es bis zum Ziel. Franz, der diese Strecke schon unzählige Male gefahren ist, löst Fuzzy als Guide ab und führt, immer wieder ausweichend auf kleinste Straßen, bis zum Aparthotel Schwarzwald Panorama in Bad Wildbad. Der Tag klingt aus mit einem Abendessen im Gasthof zum Löwen in Enzklösterle.
War das ein Erlebnis! Darin sind sich alle einig und froh darüber, dass sie dabei waren.
Mehr als 20 Pässe auf teilweise höchstem Niveau (im doppelten Sinn), unzählige Kurven und Höhenmeter, Temperaturen knapp über dem Gefrierpunkt bis zu sonnigen 25 Grad und grandiose Landschaften haben die Herzen mehr als einmal höherschlagen lassen.